Wasserstoff, ein lukratives Geschäftsfeld
Erstellt: 07.07.2023, 17:54 Uhr
Von: Joachim Wille
Entsalzungsanlage in Dubai: Meerwasser für grünen Wasserstoff aufzubereiten, ist besonders aufwändig. © Imago
Wasserstoff: Die neue Energietechnologie erfordert große Mengen hochreines H2O, eine technische Herausforderung – und ein neues Geschäftsfeld für Bosch.
Eigentlich kein Hexenwerk: Um grünen Wasserstoff per Elektrolyse herzustellen, braucht es Ökostrom, der aus Solar- oder Windkraftanlagen stammt, und Wasser (H2O), das dadurch in seine Bestandteile Wasserstoff (H) und Sauerstoff (O) aufgespalten wird. Das Verfahren, das die Energiebasis für die Industrie sowie den Flug- und Schiffsverkehr revolutionieren soll, ist recht simpel. Doch es gibt zwei Probleme, die noch gelöst werden müssen.
Eines davon ist bekannt: Bisher wird hierzulande und global noch zu wenig überschüssiger Ökostrom produziert, aus dem große Mengen Wasserstoff hergestellt werden könnten. Das zweite ist weniger geläufig: Man braucht für die Elektrolyse auch große Mengen Wasser, und zwar in einer hochreinen Form. Das aber ist gerade in vielen Weltregionen, die wegen der guten Bedingungen für Solar- und Windstrom als künftige globale Wasserstoff-Lieferanten in Frage kommen, ein knappes Gut. Zum Beispiel in Wüstengebieten in Nord- und Südwest-Afrika, wo die Bundesregierung mit mehreren Ländern Wasserstoff-Partnerschaften abgeschlossen hat. Doch an Lösungen dafür wird gearbeitet. So hat der Stuttgarter Technologiekonzern Bosch die Wasseraufbereitung für die Wasserstoff-Elektrolyse als neues Geschäftsfeld etabliert.
Um ein Kilogramm Wasserstoff herzustellen, werden direkt bei der Elektrolyse neun Liter hochreines Wasser benötigt, dem die Mineralien entzogen wurden. Verunreinigungen im Wasser würden die Elektrolyseure nämlich in kürzester Zeit funktionsuntüchtig machen. Mengenmäßig ist aufgrund der meistens erforderlichen Wasseraufbereitung teils sogar deutlich mehr „Rohwasser“ erforderlich – besonders, wenn dafür in trockenen Regionen Meerwasser entsalzt wird. In den in gut 170 Ländern der Welt betriebenen Entsalzungsanlagen werden im Schnitt 2,5 Liter Salzwasser benötigt, um daraus ein Liter Wasser zu machen.
Bosch bietet neuartige Aufbereitungsanlagen an
In Deutschland, einem grundsätzlich wasserreichen Land, dürfte die Wasserverfügbarkeit auch bei einem Hochlauf der Elektrolyse kein großes Problem sein. Viele Industrieprozesse verbrauchen oft viel mehr Wasser als die Herstellung von Wasserstoff. Auch Umweltschützer:innen plädieren dafür, hierzulande in größerem Stil einzusteigen. Allerdings müsse man bei der Standortwahl vorsichtig sein, heißt es zum Beispiel bei Greenpeace, da sich der Wasserhaushalt aufgrund der Klimakrise stark verändere und bisher schon trockene Regionen wie etwa in Brandenburg noch trockener würden. Würden die Standorte richtig gewählt, sei die H2-Produktion „auch in Deutschland in einem begrenzten Umfang“ machbar, so Greenpeace-Experte Karsten Smid.
Der Bosch-Konzern sieht im Bereich der Wasserstoff-Technologie einen großen Wachstumsmarkt. Zu den Feldern Erzeugung, Kompression, Speicherung und Anwendung von Wasserstoff kommt nur die Wasseraufbereitung hinzu. „Kaum ein Unternehmen bietet ein so breites Portfolio“, sagte Bosch-Chef Stefan Hartung dazu. Der Konzern bietet künftig neben der klassischen Wasseraufbereitung, die nach dem Prinzip der Umkehr-Osmose arbeitet, neu entwickelte, robuste, wartungsarme und chemiefrei arbeitende Anlagen speziell für abgelegene Gebiete und Offshore-Standorte an.
Das Unternehmen, das weltweit rund 420 000 Mitarbeitende hat, zielt damit auf Standorte etwa in Nordeuropa, Afrika und Südamerika, wo es viel Wind und/oder Sonne gibt. Offshore auf dem Meer oder in der Wüste seien die Herausforderungen für die Wasseraufbereitung besonders groß: zum Beispiel durch salzhaltiges Wasser, hohe Wasserhärte oder beträchtliche Entfernungen zu den technischen Anlagen. Die neu konzipierten Anlagen arbeiten laut Bosch mit thermischen und elektrochemischen Verfahren, wodurch auf chemische Filter verzichtet werden könne.
Bosch rechnet mit einem „enormen Bedarf an hochreinem Wasser“ für die weltweiten Wasserstoff-Projekte. Diese sollen ja bereits in diesem Jahrzehnt Fahrt aufnehmen. So hat die Bundesregierung
das Ziel ausgegeben, dass bis 2030 Elektrolyseure mit einer Leistung von zehn Gigawatt in Deutschland installiert werden, und die EU insgesamt strebt bis dahin 40 Gigawatt an, womit im Jahr bis zu
zehn Millionen Tonnen H2 erzeugt werden können. Ab 2050 würden, so Bosch, weltweit jährlich rund vier Kubikkilometer Wasser für die Elektrolyse benötigt, wenn die Ziele des Pariser
Weltklima-Abkommens erreicht werden sollen – mehr als das Volumen des Starnberger Sees.
Der Konzern betont, die neuen Anlagen leisteten auch einen Beitrag, um wertvolle Wasserreserven zu schonen. Die Technik sei sehr effizient und verringere die nötige Menge an „Rohwasser“ um bis zu einem Drittel gegenüber gängigen Lösungen. Zudem lasse sich mit den Anlagen, wenn technische Anpassungen vorgenommen werden, auch Trinkwasser gewinnen. „In Regionen, in denen Trinkwasser knapp ist, können wir mit unserer Technik dazu beitragen, die Versorgung zu verbessern“, so der Leiter des Produktbereichs Wasserstoff bei Bosch, Wolfgang Schleifenbaum.
Quelle: Frankfurter Rundschau
Autor: Magnus Schwarz
Perspektivisch soll dieser Korridor fünf europäische Nachbarländer verbinden. Bereits jetzt sind zahlreiche assoziierte Projektpartner an Bord.
„Mit dem Projekt wollen wir das Bestreben von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik vorantreiben, die eigene Energieversorgung umzustellen – und zwar nachhaltig und sicher“, sagt GASCADE-Geschäftsführer Christoph von dem Bussche.
Wasserstoff ist für die Defossilisierung ein wichtiger Baustein. Als Molekül lässt sich Wasserstoff, und damit erneuerbare Energie, in großem Stil europaweit transportieren und speichern. Damit könnte Wasserstoff eine dem Erdgas vergleichbare Rolle einnehmen.
„Mit Flow – making hydrogen happen schaffen wir die zentrale Transportinfrastruktur und sind so ein wesentlicher Baustein für das Gelingen der Energiewende“, unterstreicht von dem Bussche.
Die Projektpartner erwarten, dass der Norden Deutschlands das Zentrum für Wasserstoffimporte und Wasserstofferzeugung onshore wie offshore wird. Dadurch entsteht ein erheblicher Transportbedarf in Richtung Süden, wie es bereits heute bei erneuerbarem Strom der Fall ist.
Flow – making hydrogen happen wird dem gerecht: Geplant ist, 2025 erste großdimensionierte Leitungen für Wasserstofftransporte umgerüstet zu haben, sodass signifikante Mengen aus Mecklenburg-Vorpommern bis Thüringen transportiert werden können. Die Umstellung in Hessen und Rheinland-Pfalz soll 2028 erfolgen. Dann kann Wasserstoff ab 2030 nach Baden- Württemberg und Bayern transportiert werden.
„Gemeinsam kommen wir schnell und effizient voran“, betont terranets bw- Geschäftsführerin Katrin Flinspach.
„Der Vorteil von Flow – making hydrogen happen liegt in der schnellen Realisierbarkeit durch die Umstellung von Erdgasleitungen. So erreichen wir im Verbund eine große Transportkapazität von Norddeutschland bis in den Süden, auf die sich der Markt in seinen Planungen einstellen kann.“
Zum größten Teil werden die Projektpartner bestehende Erdgasleitungen umstellen. Mit einer Länge von über 1.100 km und einer Einspeisekapazität von bis zu 20 GW (abhängig vom Druckniveau) verfügt das Pipelinesystem bereits zum Start über eine große Dimension – die perspektivisch erweitert werden soll.
„Durch die Nutzung bestehender Infrastruktur und die Verbindung mit bestehenden Wasserstoffprojekten – wie „H2 für Baden-Württemberg“ und das ONTRAS H2-Startnetz – schaffen wir eine starke und zukunftsfähige Transportmöglichkeit für große Mengen Wasserstoff.
Damit tragen wir entscheidend zur Diversifikation des Energiesystems und zur Versorgungssicherheit in weiten Teilen Deutschlands bei“, erklärt ONTRAS-Geschäftsführer Ralph Bahke.
Darüber hinaus ist Flow – making hydrogen happen europäisch ausgerichtet und bietet für viele an Deutschland angrenzende Länder attraktive Anknüpfungspunkte. Die Projektpartner haben den Status eines Project of Common Interest (PCI) bei der EU beantragt.
Der Blick geht insbesondere Richtung Ostseeraum: Die mit heimischem Wasserstoff gefüllten Pipelines sind Nukleus einer europäischen Infrastruktur für Importe aus den skandinavischen Ländern und für Transite in Richtung Süden.
„Wir planen, 2027 das dänische „Energy Island“ Bornholm anzubinden und in den Jahren ab 2030 auch Österreich, Tschechien, Polen und Frankreich“, erläutert GASCADE-Geschäftsführer von dem Bussche.
Three transmission system operators are planning a 1,100 km hydrogen network by 2025